CrazySexyBlog Turn 21

(Was bisher geschah …)

Hallo, Freunde der polysezernierenden Dominanzapertur,

es geht weiter im Leben des netten jungen Runners von nebenan.

Es begab sich am Montag, den 2.4.2057. Über einen unserer vielen Kanäle erreichte uns ein Angebot: es war ein Abstecher in die allseits bekannte, ebenso berüchtigte und mir im Besonderen ganz furchtbar verhaßte Chicago Containment Zone zu erledigen und eine dort festsitzende Person zu extrahieren. Ich war nahe daran, unter lautem Protestgeschrei meine Absage zu annoncieren, hatte ich selbst doch meinen einigermaßen ansehnlichen Hintern nur knapp vor Abriegelung der Zone aus diesem gräßlichen Moloch entfernen können. Das verstanden meine Kollegen aber nicht. Das war mir jedoch egal. Mir kommt immer noch der Kaffee hoch, wenn ich nur an diese … Dinger … denken muß, die sich dort herumtreiben.
Meine chums waren allerdings aus irgendwelchen mir völlig unerfindlichen Gründen heiß darauf, sich ihre besonderen Fähigkeiten mit Extranuyen versilbern zu lassen, und so mußte ich wohl oder übel mit zur Besprechung. Aber vielleicht war es wirklich besser, mir das sogenannte „Angebot“ selber aus erster Hand zu Gemüte zu führen. Insbesondere unsere Schamanin neigte nämlich dazu, bei Rekapitulationen von Besprechungen diverse Einzelheiten, die auf Schwierigkeiten hindeuteten, zu „vergessen“ und erst nach intensiven Nachfragen herauszurücken. Und wenn ich schon nach Chicago sollte, dann wollte ich in nichts kleinerem als einem Panzer sitzen. Gerne nuklear bewaffnet.


Natürlich war das nicht der einzige Haken. Es gab derer vier mehr, von der  – natürlich – der letzte der widerhakigste Haken ever war:
– Die Zielperson befand sich offenbar in einer Art befestigten Anlage des „Volks“, einer von ehemaligen Mitgliedern diverser Polizei- und Sicherheitsdiensten gegründeten „Verteidigungs“organisation, die allerdings alsbald nach ihrer Formierung von Humanis gekapert worden war und nunmehr unangenehm bräunlich roch. Diese Festung wurde laut unseren Quellen mit Waffengewalt gegen Insektengeister und andere nicht ins Freundschaftsschema des HP passende Entitäten verteidigt, und Humanis ließ keine Gelegenheit aus, sich dabei – natürlich – als Retter der Menschheit zu bejubeln. Der einen rassisch reinen und allein der Herrschaft über diesen Planeten würdigen Menschheit, natürlich. Wenn schon Humanis-Propaganda, dann richtig.
– Die Zielperson war der Bruder von Anne Penchyk, der Nummer Zwei des Präsidentschaftskandidaten General Yeats. Anne Penchyk war ungünstigerweise eine Vertreterin der orkischen Subspezies. Würde also innerhalb des Camps die Identität der Zielperson bekannt, wäre deren Sicherheit extrem gefährdet.
– Anne Penchyk verfügte über einen zeitlich begrenzten Legitimierungscode, mittels dessen die Chicago Containment Zone innerhalb 24 Stunden verlassen werden durfte. Danach war ein Entkommen aus der Zone unwahrscheinlich.
– und als Bonus drängelte sich keine Geringere als Anne Penchyk selbst dazwischen, die unter allen Umständen mit einer Begleiterin mit Kamera uns begleiten wollte. Weil, äh, … weil, eben. Wir mußten also zusätzlich VIP-Personenschutz spielen. Natürlich war hier Penchyks Identität unter allen Umständen geheim zu halten. Wie auch immer das anzustellen war

Als Aufwandsentschädigung wurden für die Gruppe 150 000 Nuyen bereitgestellt.
Anzahlung 50 000 sofort. Abflug ASAP. Wir hatten also gerade einmal genug Zeit, unsere Ausrüstung in die Tüten zu stopfen.

Für das Eindringen in die Chicago Containment Zone entschieden wir uns für einen gemieteten Hubschrauber plus Pilot. Dank unserer Connections konnten wir einen unerschrockenen Rigger auftun, der uns für eine zwar happige, aber der Situation durchaus angemessene Summe in die Stadt der Verdammten bringen würde. Dieser nahm uns am 3.4. pünktlich mittags auf und flog Richtung Zone. An der Grenze erreichte uns zuerst ein Anruf der Grenzeinheiten über Funk. „Unidentifizierter Helikopter: hier spricht die Federal Chicago Containment Zone Quarantine Force. Sie sind im Begriff, in gesperrten Luftraum einzufliegen. Drehen Sie sofort nach eins-acht-null ab, um Luftabwehrmaßnahmen zu vermeiden. Sollten sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden Sie als Feindliches Subjekt betrachtet und dementsp-“
Weiter konnten wir dem Spruch nicht lauschen, denn der Pilot hatte mit höhnischem „ja ja, halt die Fresse, Lutscher!“ den Empfänger stummgeschaltet. Zu uns gewandt, knurrte er: „Das erzählen die jedesmal, wenn wieder einer Hilfsgüter in die Stadt bringt. My ass!“
Wer weiß, warum uns keine zehn Sekunden später ein Gruß der magischen Abschottungsbrigade in Gestalt eines Luftgeistes erreichte, der in der Kabine manifestierte. Den konnten wir noch erledigen, aber in der Zwischenzeit hatte der kommandierende Offizier der Blockadearmee die Flugabwehrraketen freigegeben, und die leisteten ganze Arbeit: der Kopter stürzte nach zwei Einschlägen brennend vom Himmel – und wir an Bord. In der Not versuchte Tricksy ihr möglichstes und levitierte uns sieben aus dem Wrack, bevor es am Boden zerschellte. Bei der Landung stellten wir dann leider fest, daß der Pilot leider doch nicht nur bewußtlos war, wie wir vorher angenommen hatten, was sich durch ein aus seinem Brustkorb ragenden Metallteil auch den medizinisch weniger Bewanderten offenbarte. Und er hatte vorher noch gesagt, das wäre alles kein Problem. Hm.
In der dem provisorischen Begräbnis unseres glücklosen Kutschers folgenden Stunde ruhten wir uns ein wenig aus, und Tricksy wirkte ihre Heilzauber auf uns. Das hatten wir durchaus nötig, denn die Raketen hatten auch bei uns nicht nur die Ohren klingeln lassen. Bo hatte sich eine Mords-Gehirnerschütterung eingefangen, und Izzy hatte beim Aufprall auf die Kabinenwand ein Knie nicht rechtzeitig aus dem Weg genommen. Ohne magische Komplettheilung hätten wir hier bereits aufgeben müssen. Man gewöhnt sich schwer daran, sogar schwere Verletzungen bei solchen Heilzauberwirkungen heilen zu sehen, während man zuschaut. Aber nach ein paar Minuten waren die Helden wieder fit, und selbst Tricksy schien durch das Zaubern nicht im Mindesten beeinträchtigt worden zu sein.
Nach etwa 5 km Marsch stießen wir gegen 15:30 an die Grenze des von ihren Bewohnern „Volksville“ genannten Gebietes. Hohe Mauern, Wachtürme … mit normalen Mitteln wäre das wieder schwierig oder laut geworden. Tricksy hatte aber auch hier ein kleines As im Ärmel: Levitieren war nämlich hier wunderbar hilfreich. Und vor allem: leise und unauffällig, besonders wenn in Kombination mit „Unsichtbarkeit“.
Drinnen angekommen, wollten Penchyk und M. Suhar, die indische Kamerafrau, erstmal das Lager erkunden und die Suche nach Penchyks Bruder anleiern. Natürlich war es nicht gut, mit einem Ork einfach so durchs Lager zu marschieren. Zum Glück hatte Tricksy – wieder einmal – eine Lösung: ein Gestaltwandelzauber machte aus der orkischen Politikern einen Hund. Natürlich mußte es in einem HP-Lager ein Deutscher Schäferhund sein. Wenn schon, denn schon. Dann war Tricksy zwar auch unterwegs, aber wir dachten uns, das ginge schon. Solange Izzy, Bo und meine Wenigkeit unentdeckt blieben, hätten wir wenig zu befürchten. Dank Levitation konnten wir uns in einer verlassenen Dachetage eines ebenso verlassenen höheren Hauses einrichten und konnten von oben zusehen, wie Tricksy und Suhar anfingen, die Bewohner nach Penchyks Bruder zu befragen.

Als die drei gerade an der nächstliegenden Straßenecke abbiegen und aus unserem Blickfeld verschwinden wollten, begann das Chaos: plötzlich wurden Rufe laut und eine Menge Leute zogen alle möglichen Waffen aus den Taschen und richteten sie auf die wieder in unser Blickfeld zurücktorkelnde Tricksy. Diese rief laut – und, mal im Ernst: schlecht geschauspielert – aus: „Oh neeein! Der Mantidengeist hat meinen Hund! Haltet ihn aaauf!!“
Ich hoffte mal, daß das in dieser Situation nicht weiter auffiel, und es war ja schick, daß wir hier oben jetzt wußten, was passiert war, aber warum richteten die Leute ihre Kanonen auf unsere Schamanin??
Izzy zerkloppte kurzerhand ein Fenster, um freieres Schußfeld zu haben. Ich stöpselte mich schnell ein, startete den Skimmer und flutschte aus dem Gebäude, um mir für die mit Sicherheit erfolgende Flucht einen Überblick zu verschaffen und herauszufinden, wohin das Ding rannte.
Draußen konnte ich alles viel klarer sehen: Tricksy würde gleich durchsiebt werden, um die Ecke entfernte sich mit hoher Geschwindigkeit eine übergroße Gottesanbeterin, die in ihren vorderen Greifklauen einen Schäferhund hielt, der sich wegen der abgerissenen magischen Verbindung gerade wieder in eine Orkin zurückverwandelte, und Mara Suhar, die Kamera, war nirgendwo zu sehen. Izzy und Bo begannen jetzt mit heftigem Sperrfeuer, um Tricksy die Flucht ins Haus zu ermöglichen. Die trat sie auch umgehend an.
Oben angekommen, wendete sie ihren Levitationszauber auf uns alle an, um einerseits den ballerwütigen Bewohnern zu entkommen, andererseits, um den Mantidengeist zu verfolgen. Währenddessen schloß die Schamanin meine Verständnislücke: „Wieso hab ich das nicht bemerkt?“, ärgerte sie sich, „Wieso kann die sich so vor mir verstecken?“ Auf mein ratloses „Hä?“ antwortete sie „na rate doch mal, wieso da jetzt eine Mantis ist, wo vorher eine Kamerafrau war“ … dann machte es *klick*. Die Suhar war der Mantidengeist. Scheiße.
Während wir dank des Levitationszaubers schneller als im Spurt durch die Luft rauschten, mußten wir allerdings erkennen, daß unsere Geschwindigkeit nicht reichen würde. Nur kurze Zeit, nachdem wir aufgebrochen waren und dem Geist ja ohnehin schon einen erheblichen Vorsprung lassen mußten, verloren wir seine Spur. Das war nicht nur ärgerlich, sondern katastrophal, da wir ohne den von Penchyk gegebenen Code hier nicht mehr rauskamen.

Wir wandten uns also dem uns nächstgelegenen außerhalb Chicagos als „sicherer Hafen“ bekannten Platz zu: dem Field Museum of Natural History und dem dort residierenden Two Spirits. Wir waren der Ansicht, daß wenn jemand über die Struktur der insektoiden Besatzer dieser Stadt einen Überblick hatte, dann wohl das Wesen, das das Museum gewissermaßen bug-free halten konnte.
Um das prächtige, pompöse Gebäude zu erreichen, folgten wir einem Kanal, dessen Ufer im April einen etwas weniger deprimierenden Anblick bot als die verlassenen und verwüsteten Straßen dieser einst so belebten Großstadt. Als wir auf den Park am Museum stießen, stolperten wir geradezu auf ein Moskitogeisternest und wurden prompt angegriffen. Mit Müh und Not konnten wir die Insekten abwehren und den letzten halben Kilometer zum Field Museum überbrücken.
Dort angekommen, wurden wir, noch bevor wir uns daran machen konnten, die äußere „Mauer“ in Form einer aus verschiedenen Autowracks zusammengeschobenen Konstruktion zu überwinden, von einem scheinbar aus dem Nichts erschienenen jungen Mann in Empfang genommen.
„Hallo“, sagte er einfach, als sei solches in dieser Umgebung das Normalste der Welt. „Wie kann ich helfen, falls überhaupt?“
Wir schilderten unser Problem, ohne in allzu große Detailtiefe zu gehen, ließen aber keinen Zweifel daran, daß wir den Insekten gegenüber keine überflüssige Milde walten lassen würde, so sich die Gelegenheit ergäbe.
„Wir müssen“, rundete Tricksy unser Vorhaben ab, „also nur wissen, wo sich die Mantiden hinbegeben, wenn es Abend wird, damit wir die Dame retten und sicher nach hause bringen können. Und da dachten wir, daß hier diese Information bestimmt verfügbar wäre.“

Der junge Mann (falls es sich bei unserem Gesprächspartner überhaupt um einen Menschen handelte – woran ich mittlerweile meine Zweifel hatte) hatte uns aufmerksam zugehört und uns immer wieder intensiv gemustert. Nun machte er ein nachdenkliches Gesicht. Nach einer Pause, die auf Tricksys Satz folgte, sagte er langsam „Ich werde Ihnen gerne den richtigen Weg zum Nest der Gottesanbeterinnen weisen. Leider“, er leistete sich ein leises Seufzen, “sind wir aufgrund der momentan etwas schwierigen Situation in der Stadt gezwungen, die Vermittlung dieser Information an die Übergabe“, hier deutete er auf die tellerförmige Drohne, die ich im Gepäck hatte, „des Skimmers, natürlich samt Fernsteuerung, an uns zu koppeln, da dieses Gerät einige hier bestehende Probleme beheben könnte und Sie spätestens beim Verlassen der Stadt ohnehin kaum davon ausgehen könnten, daß die Drohne das überlebt. Sie verstehen das bestimmt.“ Er bedachte mich mit einem um Entschuldigung heischenden Blick.
Ich starrte finster zurück. In meinem Kopf lief ein Spruchbanner über das Display:“ … bla, bla, bla. Nenn es doch ‚Infos verkaufen‘, Chummer, und verarsch mich nicht.“ Mit etwas Glück konnte der Bubi das lesen, und ich mußte keine Luft verbrauchen.
Da wir leider Anne Penchyk wirklich wesentlich dringender brauchten als alle meine kleinen Spielzeuge zusammengenommen und meine Kumpels mich alle mit diesem häßlichen „nu hab dich nich so, Bohne!“-Blick ansahen, gab ich schließlich mürrisch und widerstrebend mein Baby heraus, nicht ohne meine Begleiter darüber zu informieren, daß ihnen häßliche, ansteckende und an sehr unangenehmen Körperstellen fies juckende Krankheiten bestimmt wären. Der junge Mann hörte dies alles an, ohne eine Miene zu verziehen, nahm das wertvolle Gerät entgegen, wies uns dann den Weg und gab noch den Namen des Treffpunktes dazu: eine „Kaleidoscope“ genannte Bar. Wir brachen sofort auf.

Am dankenswerterweise recht einfach zu findenden Zielort bemerkte unsere Schamanin, daß der Ort durch verschiedene magische Konstrukte gegen feindlich eingestellte Magie gesichert war. Der rein weltliche, mechanische Schutz hingegen schien etwas stiefmütterlich behandelt worden zu sein, da wir keinerlei Panzersperren, Flugabwehrgeschütze oder auch nur billige Flammenwerfer-Turrets entdecken konnten.
Flugs wurde daher in Rekordzeit eine erfolgversprechende Strategie zum Betreten und Extrahieren entwickelt: ein „Heavy Metal“ genanntes Vorgehen, das ganz auf Überraschung und waffentechnische Überlegenheit setzte. Zentraler Bestandteil war hierbei Bo mit seiner PANTHER-Sturmkanone, die sowohl im Effekt als auch in der akustischen Untermalung einen deutlich reizüberflutenden Faktor darstellte. Dies zeigte uns der erheblich motivierte trollische Anwender zuerst am Beispiel der Tür zur Bar, die nach Druck auf den Auslöser der Kanone als Trümmerwolke in den Innenraum verschoben wurde, und dann gleich danach am (noch) lebenden Objekt in Gestalt ausgerechnet Mara Suhars, die just im Begriff stand, eine nicht genau zu definierende Oppositionshandlung auszuführen. Aus leicht einsehbaren Gründen kam jene durch einen die Umwelt kräftig rot einfärbenden Widerspruch aus der Kanone nicht mehr zur Anwendung. So richtig viele identifizierbare Teile blieben von der ehemaligen Kamerahalterin jedenfalls nicht übrig. Das hab ich gut gesagt, was?

Über den folgenden Teil der Lösung des Konfliktes möchte ich lieber nicht allzu viele Worte verlieren, da empfindlicheren Personen beim Lesen dieses Berichtes möglicherweise die Motivation auf die Einnahme leckerer Mahlzeiten zumindest temporär abhanden kommen könnte. Es gab hier und da den einen oder die andere Wesenheit, die sich in den Konflikt einschaltete, aber dann doch auf weitere Betätigung verzichtete und stattdessen lieber umher(f)liegende Trümmerstücke mit zumeist roter Farbe verzierte. Andere nicht wirklich erwähnenswerte Kleinigkeiten kamen dazu, aber nach kurzer Zeit konnten wir das wichtigste herausfinden: Anne Penchyk war unversehrt, unbesessen und noch nicht insektenverseucht und konnte demzufolge nach ihrer eigenen und der damit zufälligerweise einhergehenden Rettung zweier weiterer ansonsten unbeteiligter Damen in Bedrängnis noch dafür sorgen, daß wir unbescholten aus der Stadt entkommen konnten. Leider war ihr Primärziel gescheitert, doch sie war immerhin am Leben und Herrin ihrer selbst.
Und klar, unser Geld bekamen wir.

So long und bis zum nächsten Mal,

euer Fish

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